Dieser Blogeintrag beschäftigt sich mit der Herausforderung einen Routenzugverkehr in der Produktionslogistik einzuführen.
Es ist der dritte Eintrag meiner Blogreihe zum Thema Logistik.
Der erste Blogeintrag behandelte einige Grundlagen (Geschichte, Definition, usw.) zum Thema Logistik.
Im zweiten Blogeintrag wurde das Thema “Produktionslogistik: Gabelstapler vs. Routenzug” behandelt.
In diesem Blogeintrag werden zwei logistische Grundprobleme und die dazu möglichen Lösungen behandelt. Zu diesem Thema gibt es umfangreiche Fachliteratur, sowie komplexe Berechnungen zum Lösen der Grundprobleme.
Bleiben Sie gespannt, der heutige Beitrag befasst sich mit dem Transportproblem und dem Tourenproblem.
Herausforderungen bei der Einführung des Routenzugverkehrs in der Produktionslogistik:
Zwei logistische Grundprobleme
Transportvorgänge in der Produktionslogistik sind im engeren Sinne keine wertschöpfenden Prozesse bei der Herstellung von Gütern. Daher ist es umso wichtiger, die Güterströme geschickt zu bündeln und im Sinne der ökonomischen und ökologischen Ziele optimal zu planen und zu steuern. Als die beiden wichtigsten Problemstellungen bei der Einführung von Routenzügen in der Produktionslogistik können das Transportproblem und das Tourenproblem genannt werden.
Das Transportproblem beschäftigt sich dabei mit der Frage, welche Senken aus welchen Quellen beliefert werden sollen um die beste Kosteneffizienz zu erreichen. Wobei sich das Tourenproblem mit der Fragestellung beschäftigt, welche Senken in welcher Reihenfolge angefahren werden, um eine optimale Route mit minimalen Kosten zu erreichen.
Beide Problemstellungen sind logistische Grundprobleme. Jedoch sind diese mit den Ansätzen der linearen Programmierung, welche sich mit der Optimierung linearer Zielfunktionen beschäftigt, zu lösen. Für exakte Lösungen sind komplexe Rechenmethoden erforderlich. In der Praxis können auch pragmatische Heuristiken, die zu starken Näherungslösungen führen, ohne großen Aufwand ebenfalls eingesetzt werden.
Transportplanung als Antwort auf das Transportproblem
Bei der Transportplanung geht es darum, die Güterströme so zwischen Quellen und Senken aufzuteilen, dass der daraus resultierende Transportmix die Transportkosten minimal hält. Dabei müssen jedoch die Nebenbedingungen wie das komplette Angebot am Angebotsort abzurufen und an jedem Nachfrageort die Nachfrage zu befriedigen so wie keine negativen Transportmengen eingehalten werden.
Wie bereits erwähnt, ist eine exakte Lösung mit Hilfe des linearen Gleichungssystems unter Berücksichtigung aller Bedingungen sehr komplex und rechenintensiv. 1947 entwickelte Georg Dantzig das Simplexverfahren, welches seitdem fortlaufend verbessert wird, zur Lösung linearer Optimierungsmodelle. Der Simplex-Algorithmus wird in der Praxis häufig eingesetzt. Die geometrische Grundidee des Algorithmus besteht darin, so lange von einer beliebigen Ecke eines Polytops, das zuvor durch lineare Optimierungsaufgaben definiert wird, zu einer benachbarten Ecke mit besseren Zielfunktionswert zu laufen, bis es keine bessere Möglichkeit mehr gibt. Für eine genauere Erläuterung des Simplexverfahrens, muss an die gängige Fachliteratur zur linearen Programmierung verwiesen werden.
Neben der exakten Lösung des Transportproblems können auch mit Hilfe der pragmatischen Heuristik Näherungslösungen generiert werden. Dabei wird in zwei Schritten die Näherungslösung generiert. Im ersten Schritt wird mit einem heuristischen Eröffnungsverfahren eine schnelle erste zulässige Basislösung erstellt. Als solche Eröffnungsverfahren können das Nord – West – Ecken – Verfahren (NWE), die Spaltenminimummethode (SMM) oder die Vogel’sche Approximationsmethode (VAM) eingesetzt werden. Im zweiten Schritt werden dann Optimierungsverfahren angewendet. Als eine der bekanntesten Verfahren kann die Stepping – Stone – Methode angeführt werden. Durch die Kombination der heuristischen Verfahren wird aus einer ersten Basislösung eine kostenoptimierte Lösung.
Tourenplanung als Antwort auf das Tourenproblem
Wurde das Transportproblem erfolgreich gelöst, so ist die Basis für die Lösung des Tourenproblems geschaffen. Die Tourenplanung hat zum Ziel, die Transportkapazitäten im Sammelgutverkehr durch die geschickte Kombination von Lieferaufträgen bestmöglich auszulasten. Dabei stellt sich die Frage, wie die Touren so gestaltet werden, dass die Reihenfolge der zu beliefernden Senken, kostenoptimal gestaltet sind. Es wird davon ausgegangen, dass eine Proportionalität zwischen Transportweg und Transportkosten besteht. Das heißt, es ist der minimalste Transportweg zu ermitteln.
Mit Hilfe des klassischen Traveling – Salesman – Problem (TSP) kann diese Aufgabe gelöst werden. Das TSP beschreibt das Problem eines Handelsreisenden: „Ein Handelsvertreter möchte, beginnend in seinem Heimatort, insgesamt n Orte (Kunden) in einer zu ermittelnden Reihenfolge besuchen und anschließend zum Ausgangspunkt zurückkehren. Dabei soll die insgesamt zurückgelegte Entfernung minimal sein.“
Im Fall der Routenplanung für die Produktionslogistik kann als Handelsvertreter der Routenzug, als Heimatort die Quellen und als Kunden die Senken gesehen werden. Die eingesetzten Parameter sind austauschbar. Alternativ können zur kürzesten Strecke auch die optimalen Kosten bzw. Fahrzeiten berechnet werden. Vorausgesetzt alle notwendigen Parameter sind bekannt.
Wie beim Transportproblem gibt es auch für die Lösung des Tourenproblems zwei anwendbare Verfahren. Zum einen die exakte und rechenintensive Lösung, zum anderen die pragmatischen Heuristiken mit Näherungslösungen.
Bei der exakten Lösung des TSP sind dieser Vorgehensweise enge Grenzen gesetzt. Die optimale Tour kann für eine überschaubare Anzahl anzufahrender Orte n durch einfache Enumeration aller Lösungsmöglichkeiten bestimmt werden. Grundsätzlich gibt es bei jedem Tourenproblem
K = (n-1)!
Lösungskombinationen. In der Praxis sind bei dieser Vorgehensweise bei fünf anzufahrenden Orten schon 24 Kombinationen möglich. 120 Kombinationen ergeben sich aus 6 Orten. Bei 10 Orten sind es bereits 362.880 Kombinationen die es hinsichtlich der besten Lösung zu beurteilen gilt.
Die heuristischen Ansätze spielen in der Praxis eine wesentliche Rolle, aufgrund der hohen Komplexität des TSP. Wie bereits beim Transportproblem beschrieben, teilen sich auch bei der Tourenplanung, die heuristischen Verfahren in ein Eröffnungs- und Optimierungsverfahren ein. Dargestellt werden zunächst drei Eröffnungsverfahren die in der Praxis häufig Anwendung finden.
Beim Nearest – Neighbor – Heuristic (NNH) Verfahren wird mit einem beliebigen Knoten gestartet. Da es noch unbesuchte Knoten gibt, wird derjenige Knoten mit der geringsten Distanz zum aktuellen Knoten ausgewählt. Der in die Rundreise eingefügte Konten wird zum aktuellen Knoten gemacht. Danach wiederholt sich das Verfahren bis alle unbesuchten Knoten zu einer geschlossenen Tour miteinander verbunden sind. Dazu wird der Startknoten an das Ende der Rundreise eingefügt.
Die Greedy – Heuristic (GH) funktioniert ähnlich wie die NNH. Zum Start wird die kürzeste aller Kanten ausgewählt, statt eines beliebigen Knoten. Dann wird die kürzeste mögliche Folgekante hinzugefügt. Diese Methode wird so lange wiederholt, bis eine komplette Tour erschlossen ist.
Saving – Heuristic (SH) ist das in der Praxis am meisten angewandte Verfahren. Dabei werden Pendeltouren zwischen der Quelle und jeder zu bedienenden Senke gebildet. Unter Berücksichtigung der gegebenen Restriktionen werden die Touren so zusammengefasst, dass möglichst große Einsparungen der zurückzulegenden Strecke realisiert werden. SH eignet sich gut als Eröffnungsverfahren, da der Rechenaufwand relativ gering ist. Es muss nicht immer das beste Verfahren sein, nur weil es in der Praxis, am häufigsten eingesetzt wird.
Analog zur Transportplanung kann auch bei der Tourenplanung auf die ersten Basislösungen ein Optimierungsverfahren aufgesetzt werden. Diese nennt man im TSP r-optimal Verfahren (r-opt Verfahren). Dazu werden r Kanten der Basistour mit anderen r Kanten ausgetauscht, so dass eine neue Tour entsteht. Anschließend werden die Streckenlängen der neuen Tour und der Basistour verglichen. Die Variante mit der kürzeren Strecke wird als neue beste Ausgangstour verwendet. Dieses Verfahren wird so lange durchgeführt, bis alle möglichen Vertauschungen vorgenommen wurden und keine Verbesserung mehr erzielt werden kann. In der Praxis wird häufig das 2-opt bzw. 3-opt Verfahren, mit 2 bzw. 3 Tauschkanten, angewendet. Zwar erhöht die Anzahl der Tauschkanten die Chance eine Verbesserung zu erzielen jedoch steigt der Rechenaufwand dafür exponentiell an. Mit dem 2-opt bzw 3-opt Verfahren werden in der Praxis Verbesserungen erzielt die vom Optimum nur 2% bis 3% abweichen. Mit komplexeren Algorithmen, wie etwa mit dem variablen r-opt Verfahren, lassen sich, falls erforderlich, noch genauere Näherungslösungen generieren.
Auch bei der Tourenplanung, lässt sich durch die Kombination der heuristischen Verfahren, aus einer ersten Basislösung mit dem Optimierungsverfahren, eine kostenoptimierte Näherungslösung generieren.
Ziele erreichen und sicherstellen
Zur Erreichung der ökonomischen und ggf. auch ökologischen Ziele bedarf es der konsequenten und systematischen Anwendung der Optimierungstools zur Beherrschung der beiden logistischen Grundprobleme. Da das Logistiksystem einer ständigen dynamischen Veränderung unterliegt, bedarf es, um die Ziele langfristig erfolgreich sicherzustellen, einen etablierten kontinuierlichen Verbesserungsprozess.
Die beschriebenen, eingesetzten und angewandten Methoden zur Lösung des Transportproblems sowie des Tourenproblems bedürfen der permanenten Überprüfung. Und zwar ob die Vernetzung zwischen den Quellen und Senken noch optimal eingestellt und die Touren zum Materialtransport bestmöglich ausgelegt sind. Dazu wird in der heutigen Zeit komplexe Software verwendet, dessen Bestandteile meist die beschriebenen Verfahren sind.
Kommen Logistikdienstleister für die Koordination und Ausführung der Produktionslogistik zum Einsatz, so ist sicherzustellen, dass diese mit den vorgestellten Methoden ihre Leistungen kontinuierlich verbessern. Der Einsatz von systematisch abgesicherten Methoden zur Transport- und Tourenplanung kann bereits im Vergabeverfahren sichergestellt werden. Bei Einhaltung ist eine wirtschaftliche Umsetzung mit nachhaltig guten Preisen langfristig gewährleistet.
Vorschau:
Ein kurzes Fazit zu den drei Logistik – Blogeinträgen lesen Sie in meinem nächsten Beitrag.
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